Rastgebiet Diepholzer Moorniederung
Der Rastplatz im europäischen Zusammenhang
Große Nahrungsflächen, gute Schlafplätze und geringe Störungen lassen immer mehr Kraniche die Diepholzer Moorniederung als Trittstein zwischen der nordostdeutschen Rügen-Bock-Region und dem nordostfranzösischen Rastplatz Lac du Der nutzen – sowohl im Herbst als auch im Frühjahr.
In der Regel treffen die ersten Kranichverbände bereits Ende Februar auf ihrem Rückzug in der Diepholzer Moorniederung ein. Viele machen dann hier eine Rast, um nach wenigen Tagen weiter in ihre Brutgebiete nach Skandinavien zu fliegen. Einige verbleiben auch im Gebiet der DHM und brüten hier.
Das Zentrum eines Rast- oder Sammelplatzes bilden ein oder mehrere Schlafplätze. Sie befinden sich in Gewässern mit Flachwasserbereichen, in denen die Kraniche nachts stehend schlafen. Tagsüber suchen die Tiere auf nahe gelegenen Ackerflächen nach Nahrung. Schlafplätze werden z.T. erst nach langen Jahren angenommen.
Hier lässt es sich aushalten
In der Diepholzer Moorniederung gibt es nach geologischer Definition (mindestens 30 cm Hochmoortorfauflage) über 24.000 ha Hochmoor, verteilt auf 15 Hochmoore von überwiegend je 1.500 bis 2.000 ha Größe. Diese bilden gemeinsam mit der Dümmerniederung die Kerngebiete naturnaher Flächen im Naturraum. Zwar wurden diese Hochmoore überwiegend entwässert, abgetorft und land- und forstwirtschaftlich genutzt, dennoch sind sehr naturnahe Teilbereiche erhalten geblieben. Sie wurden durch umfangreiche Instandsetzungs- und Pflegemaßnahmen des Naturschutzes bereits auf mehreren tausend Hektar erhalten und renaturiert und damit als Kranichrastplatz wieder attraktiv.
Als Faktoren, die in den letzten Jahren zu einer positive Entwicklung der Kranich-Population in der Diepholzer Moorniederung beigetragen haben, sind die Qualität der wiederhergestellten Rastplätze sowie der Schutz gegen Störungen durch Besucherlenkung in der Diepholzer Moorniederung zu nennen. Denn: ausreichend Nahrung und sicher gegen Störungen – das zeichnet einen guten Kranich-Rastplatz aus.
Gleichzeitig ist durch extensive Grünlandbewirtschaftung in den Moorrandbereichen ein vielfältiges Nahrungsangebot für den Kranich geschaffen worden.
Rehdener Geestmoor und Neustädter Moor – Zwei Kranichrastplätze
Die großen Rastplätze in der Diepholzer Moorniederung sind u.a. die beiden Naturschutzgebiete (NSG) Neustädter Moor und Rehdener Geestmoor. Die Schlafplätze der Vögel befinden sich innerhalb der störungsfreien nassen Moorflächen. Zur Nahrungsaufnahme fliegen die Kraniche die landwirtschaftlichen Nutzflächen der Umgebung an. Diese Bereiche sind rund um die Moore zu finden und lassen sich nicht klar abgrenzen.
Dass sich die beiden Hochmoore als Trittsteinbiotope auf dem Zugweg der Kraniche etablieren konnten ist einer Vielzahl an Beteiligten zu verdanken. Neben dem Engagement zahlreicher Privatpersonen, haben sich auch Vereine und Institutionen für deren Schutz eingesetzt. In Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden sowie Fachplanern konnten in den Mooren eine Vielzahl an Renaturierungsmaßnahmen umgesetzt und die Moore für den Naturschutz entwickelt werden.
Nicht nur im Herbst viel los
Frühjahrs- und Herbstzug
Für die Kraniche zwei unterschiedliche Arten zu reisen.
Die regelmäßigen Aufzeichnungen ergaben, dass die große Zahl der Kraniche während des Herbstzuges die Diepholzer Moorniederung anfliegt. Die Rastzahlen im Frühjahr dagegen fallen weit geringer aus. Die Erklärung findet sich in einem typischen Verhalten der Zugvögel.
Frühjahrszug
Es besteht ein biologischer Druck, frühzeitig in die angestammten Brutgebiete zurückzukehren. Daher fliegen die Kraniche bei geeigneter Wetterlage (gerne Rückenwind) oft mit weniger Zwischenstopps gen Nordost zurück. Gleichzeitig wird deutlich, dass es sich beim Zugweg um einen Korridor handelt, der je nach Wind und Wetter beflogen wird.
Herbstzug
Die Kraniche haben mehr Zeit , nutzen die günstigen Nahrungsbedingungen und führen die noch unerfahrenen Jungen mit sich. Wenn die Futtersituation und das Wetter gut sind, bleiben sie gerne ein paar Tage oder Wochen an einem Rastplatz, besonders wenn sie aus der Luft erkennen können, dass ein Gebiet durch die Anwesenheit ihrer Artgenossen offensichtlich gut als solcher geeignet ist.
Aktuelle Rastzahlen
Frühjahr 2023
Datum | Schlafplatz | Rastende Kraniche |
---|---|---|
17.01. – 19.01. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 1.431 0 82 |
04.03. – 06.03. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 5.402 115 428 |
Herbst 2022
Datum | Schlafplatz | Rastende Kraniche |
---|---|---|
17.12. – 19.12. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 3.321 97 54 |
12.11. – 14.11. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 24.656 2.469 683 |
30.10. – 02.11. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 52.164 6.473 3.403 |
22.10. – 24.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 81.416 12.328 3.269 |
15.10. – 17.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 22.651 3.979 1.899 |
09.10. – 10.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 17.653 3.111 1.653 |
02.10. – 04.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 11.755 2.512 2.503 |
17.09. – 19.09. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 2.114 434 223 |
Frühjahr 2022
Datum | Schlafplatz | Rastende Kraniche |
---|---|---|
15.01. – 17.01. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 4.368 41 61 |
Herbst 2021
Datum | Schlafplatz | Rastende Kraniche |
---|---|---|
11.12. – 13.12. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 17.466 723 460 |
13.11. – 15.11. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 42.731 5.494 1.513 |
30.10. – 02.11. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 71.437 6.101 5.350 |
23.10. – 26.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 56.714 6.361 3.035 |
16.10. – 18.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 40.332 2.529 2.907 |
09.10. – 11.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 27.452 2.004 3.426 |
02.10. – 04.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 12.759 1.154 1.420 |
12.09. – 13.09. | ges. Rastbestand | 1.500 |
Frühjahr 2021
Datum | Schlafplatz | Rastende Kraniche |
---|---|---|
17.01. – 18.01. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 10.896 1640 121 |
Herbst 2020
Datum | Schlafplatz | Rastende Kraniche |
---|---|---|
13.12. – 14.12. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 16.173 3.444 358 |
15.11. – 16.11. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 28.824 4.014 1.337 |
01.11. – 02.11. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 49.620 9.500 1.903 |
25.10. – 26.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 55.527 12.610 2.629 |
18.10. – 19.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 51.553 8.630 3.869 |
11.10. – 12.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 12.685 1.644 928 |
04.10. – 05.10. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 14.104 2.455 1.072 |
13.09. – 14.09. | ges. Rastbestand Neustädter Moor Rehdener Geestmoor | 960 329 133 |
Melden Sie Ihre Kranichbeobachtung
Beringungsprojekte leben von Ihrer Mithilfe und von Rückmeldungen zu gemachten Beobachtungen. Nennen Sie Informationen, z.B. zur Truppgröße, Ort, Datum, Nahrungsflächenart und Verhalten. Kranichschutz Deutschland, die auch das Kranich-Informaionszentrum in Groß Mohrdorf betreiben, führen schon seit Anfang 2009 die eine Datenbank zur Erfassung von Kranichbeobachtungen. Auf der Website www.icora.de können Sie in einem Online-Formular Ihre Daten eingeben.
Zählungen in der Diepholzer Moorniederung
An allen großen Rastplätzen entlang der Zugroute wird die Anzahl der durchziehenden Kraniche erfasst. Auf diese Weise lassen sich genaue Aussagen über den Zugverlauf und die Bedeutung der Rastplätze europaweit ableiten. Auch in der Diepholzer Moorniederung werden seit dem Jahr 2000 regelmäßige Bestandserfassungen der hier rastenden Kraniche durchgeführt. Die in den Zeiten des Frühjahrs- und Herbstzuges initiierten Zählungen, fragen einen komplexen Datensatz zu den erfassten Vögeln ab. Folgende Parameter werden kartiert und erlauben eine anschließende Auswertung: Datum, Uhrzeit, Ort, Koordinaten, Habitat, Ringkombination, Alter, Verpaarung/Familie und Truppgröße. Mit der Analyse der Zählungen ist eine recht genaue zeitliche wie räumliche aber auch mengenmäßige Nutzung der Rastflächen innerhalb der Diepholzer Moorniederung möglich. So ist es möglich, die Qualität erfolgter Schutzmaßnahmen zu überprüfen, als auch weitere notwendige Maßnahmen für den Kranichschutz zu initiieren.

Das internationale Beringungsprojekt
Gerade der grenzüberschreitende Zug der Kraniche durch ganz Europa erfordert eine international koordinierte Vorgehensweise, damit europaweit die Schutzbemühungen aufeinander abgestimmt werden können. Um die Flugroute einzelner Tiere nachverfolgen zu können werden sie beringt. Eine bestimmte Farbkombination am linken Bein kennzeichnet dabei jeweils das Herkunftsland.
Das Beringungsprojekt der European Crane Working Group anlässlich der internationalen Kranichtagungen in Estland, Spanien und Deutschland.
Das Neue in der Beringung ist dabei, das die Vögel außer den bisher verwendeten Metallringen der jeweiligen Vogelschutzwarten farbige Ringe, die leichter ablesbar sind, erhalten. Ab ca. 1985 wurde in Europa zunächst mit roten Kunststoffringen, die eine weiße Zahlen- und Buchstabenkombination enthielten beringt. Noch deutlicher wird die Unterscheidungsmöglichkeit durch den Beobachter seit ca. 1990: Gefangene Kraniche erhalten, gut sichtbar über dem Intertarsalgelenk, am rechten Bein eine individuelle Dreifarbenkombination und am linken Bein die landestypische Dreifarbenkombination. Die Beringung von Kranichen in Deutschland (nordöstliche Länder) erfolgt durch dazu berechtigte Personen in Zusammenarbeit mit Kranichschutz Deutschland. Weiteres zur Beringung siehe auch kraniche.de.
Eine weitere Methode ist das Ausstatten der Tiere mit einem kleinen Sender, dessen Sendefrequenz die Identität des Vogels verrät. Mit Hilfe eines Empfängers (Reciever) kann man die Senderfrequenzen empfangen und den Vogel orten, das sogenannte Tracken. Auf diese Weise lässt sich die Flugroute und auch die Verweildauer an Rastplätzen genau verfolgen. Innerhalb der Diepholzer Moorniederung konnten auf diese Weise der Wechsel der Kraniche zwischen den verschiedenen Mooren (Schlafplätzen) nachgewiesen werden.

Brutplatz Diepholzer Moorniederung
Kranichbrut im europäischen Zusammenhang
Das Brutgebiet des Grauen Kranichs reicht von Deutschland über Skandinavien, das Baltikum, Polen, die Ukraine, Weißrussland und Russland bis nach Asien. In Europa brüten insgesamt etwa 45.000 Kranichpaare. Die meisten von ihnen leben in Skandinavien: ca. 17.000 Brutpaare in Schweden, bis 15.000 in Finnland und 1.000 in Norwegen, weitere 3.000 Brutpaare in Polen sowie ca. 3.500 im Baltikum.
Deutschland ist Brutheimat von ca. 3.000 Paaren, von denen etwa die Hälfte in Mecklenburg-Vorpommern brütet. Brandenburg beherbergt etwa 1.000 Paare. Kleinere Brutvorkommen gibt es in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen.
Kraniche brüten besonders gern in Sumpfwäldern sowie in verlandenden Seen und Teichen. Der häufigste Brutplatztyp in Deutschland ist der Erlenbruchwald. Als Brutplätze werden auch kleine mit Wasser gefüllte Schlenken in der Feldflur genutzt. Als Bodenbrüter bauen Kraniche zum eigenen Schutz und zur Sicherheit gegen Nesträuber wie Füchsen, Wildschweinen aber auch Rabenvögel, ihr Nest gerne in Feuchtgebieten. Vorgezogen werden daher trockene Erhebungen oder seichtes Wasser in sumpfigem Gelände wo die Kraniche ihren bis zu einem Meter durchmessenden Nesthügel aus altem Pflanzenmaterial aufschichten.
Ein neues Brutgebiet
In den wiedervernässten Hochmooren der Diepholzer Moorniederung mit zum Teil offenen Wasserflächen und einer Deckung bietenden Restverbuschung finden die Kraniche neue attraktive Brutmöglichkeiten. Seit den vergangenen Jahren gibt es eine immer weiter ansteigende Zahl an Brutnachweisen und die Beobachtung zahlreicher Junggesellentrupps.
Renaturierung und Bruterfolg
Mit dem Beginn der Vernässung der bäuerlichen Handtorfstiche vor über 20 Jahren wurden gute Bedingungen für die Wiederbesiedlung des Kranichs in der Diepholzer Moorniederung geschaffen. Zunehmende Schwingrasenbildung lässt Inseln auf Wasserflächen entstehen, die als Brutplatz einen guten Schutz vor Beutegreifern bieten.
Als Faktoren, die in den letzten Jahren zu einer positiven Entwicklung der Population in der Diepholzer Moorniederung beigetragen haben, sind die Qualität der wiederhergestellten Brutbiotope und der Schutz gegen Störungen des Brutgeschäftes durch Besucherlenkung zu nennen. Auch konnte durch extensive Grünlandbewirtschaftung in den Moorrandbereichen ein vielfältiges Nahrungsangebot für den Kranich geschaffen werden.
Brutplatz ist nicht gleich Brutplatz
Mit der Renaturierung haben sich für die Diepholzer Moorniederung unterschiedliche Brutplatztypen herausgebildet. Die Untergliederung ergibt drei eigenständige Brutbiotope, die von den Kranichen besetzt werden (In allen Fällen sucht der Kranich Inselsituationen auf):
- Schwingraseninsel in wiedervernässten bäuerlichen Handtorfstichen
- Leegmoorflächen, dort nackte Torfflächen mit Bentgras
- Leegmoorflächen von ehemaligem Feuchtgrünland mit Binsenhorsten in Wasserflächen
Durch die Definition der Brutplatztypen ist es möglich, das Brutverhalten der Kraniche in der DHM eindeutiger zu bewerten. Die Beziehung zwischen dem gewählten Brutplatz und dessen anthropogener Entstehung ist ein wichtiges Kriterium, um Prognosen für die weitere Besiedlung des Raumes erstellen zu können.